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Unser Besuch im Mar Menor - das erste europäische Rechtssubjekt

 

Rechtssubjekt Mensch versus Rechtssubjekt Natur

Die Lagune Mar Menor, ein einzigartiges Ökosystem im Süden Spaniens, steht im Zentrum einer bahnbrechenden rechtlichen Entwicklung. Seit 2021 besitzt die Lagune als erstes europäisches Ökosystem den Status einer »Rechtsperson«, wodurch ihr grundlegende Rechte wie Schutz, Erhaltung und Wiederherstellung zugesprochen wurden. Dies markiert einen bedeutenden Schritt in der rechtlichen Anerkennung von Umweltinteressen. Das Beispiel Mar Menor zeigt deutlich den Konflikt zwischen dem Schutz der Natur und wirtschaftlichen Interessen – eine Debatte, die weit über die Grenzen Spaniens hinausreicht.

Die Krise Mar Menor: Ein bedrohtes Ökosystem

Mit einer Fläche von 135 km² und einer einzigartigen Biodiversität war das Mar Menor lange Zeit ein Ökosystem von besonderer Bedeutung. Doch im Jahr 2019 kam es zu einem ökologischen Desaster: Die Lagune „kippte“, ausgelöst durch eine Kombination aus intensiver landwirtschaftlicher Nutzung, Klimawandel und der damit einhergehenden Erwärmung des Wassers. Dies führte zu einem massiven Artensterben, das sowohl das Ökosystem als auch den Tourismus, eine der Haupteinnahmequellen der Region, schwer beeinträchtigte. Tote Fische an den Stränden und stinkende Algen im Wasser wurden zum Symbol einer verfehlten Umweltpolitik.

Ein Ökosystem als Rechtsperson: Ein juristisches Novum

Die Anerkennung der Lagune als „Rechtsperson“ erfolgte nach intensiven Anstrengungen von Umweltschützern und Bürgerinitiativen. Ein Volksbegehren mit über 600.000 Unterschriften zwang die spanische Regierung zum Handeln. Mit der Verabschiedung des Gesetzes „19/2022“ im September 2021 erhielt das Mar Menor den Status einer Rechtsperson, womit es nicht länger nur ein schützenswertes Objekt, sondern ein Rechtssubjekt wurde. Die Lagune hat nun das Recht auf Erhalt, Schutz, Pflege und gegebenenfalls Wiederherstellung, und jedes Verhalten, das diesen Rechten zuwiderläuft, kann rechtlich verfolgt werden.

 

Agrarwirtschaft und Umweltzerstörung: Die Wurzel des Problems

Neben dem Klimawandel stellt die intensive Landwirtschaft in der Region Murcia die größte Bedrohung für das Mar Menor dar. Die Region ist bekannt für ihre großflächigen Agrarbetriebe und Massentierhaltung, insbesondere in der Schweineproduktion. Diese Agrarpraktiken tragen massiv zur Nitratbelastung der Böden und des Grundwassers bei. Rund 3 Tonnen Nitrat fließen täglich in die Lagune und führen zu einer Eutrophierung, die das Ökosystem destabilisiert. Bereits 2019 zeigte ein Bericht des spanischen Umweltministeriums, dass die intensive Schweinehaltung für etwa 17% der Stickstoffbelastung im Grundwasser verantwortlich ist.

Drohnenaufnahmen und Untersuchungen deckten schwerwiegende Verstöße auf: Schweinegülle wird oft unsachgemäß gelagert, wodurch giftige Stoffe in den Boden und schließlich in die Lagune gelangen. Trotz dieser alarmierenden Situation zeigen die Behörden wenig Bereitschaft, gegen die expandierende Schweineindustrie vorzugehen. Die wirtschaftlichen Interessen der Landwirtschaft stehen dabei häufig über dem Schutz der Natur.

Widerstand und politischer Konflikt

Das Gesetz zur Anerkennung der Lagune als Rechtsperson wurde nicht von allen als Fortschritt im Naturschutz angesehen. Besonders die rechtspopulistische Partei Vox stellt sich gegen die neuen Regelungen. Sie argumentiert, dass diese das Recht auf Privateigentum und Berufsfreiheit einschränken und die landwirtschaftlichen Aktivitäten der Region gefährden. Dieser Widerstand hat zu heftigen politischen Auseinandersetzungen geführt, die den Interessenskonflikt zwischen Umweltschutz und wirtschaftlichem Fortschritt verdeutlichen.

Im Januar 2022 eskalierte der Konflikt, als Schweinebauern ein Parlamentsplenum stürmten, um gegen strengere Vorschriften zu protestieren, die Mindestabstände zwischen Wohnhäusern und Schweinemastbetrieben festlegen sollten. Diese Vorfälle zeigen, wie tief der Widerstand gegen Umweltschutzmaßnahmen in der Region verankert ist.

Mar Menor als globales Symbol: Ein Präzedenzfall in Deutschland

Die rechtliche Anerkennung des Mar Menor als »Rechtsperson« hat weltweit Aufmerksamkeit erregt und stellt einen Präzedenzfall in Europa dar. Der Fall inspirierte auch die deutsche Justiz. Im August 2024 griff ein Gericht in Erfurt erstmals diese spanische Rechtsprechung auf. In einem Verfahren im Zusammenhang mit dem Dieselskandal erkannte das Gericht die Natur als geschädigte Partei an. Dieses Urteil ist wegweisend, da in Deutschland bisher keine rechtliche Grundlage existierte, die es ermöglicht, im Namen der Natur zu klagen. Richter Dr. Martin Borowsky nutzte Artikel 37 der Grundrechtscharta der Europäischen Union, um die Rechte der Natur in das deutsche Zivilrecht zu integrieren und eine neue Ära des Umweltschutzes in der Rechtsprechung einzuleiten.

Eine globale Bewegung für die Rechte der Natur

Das Beispiel des Mar Menor ist Teil einer wachsenden globalen Bewegung, die darauf abzielt, der Natur rechtliche Anerkennung zu verleihen. Ähnliche Initiativen gibt es in Ländern wie Ecuador, wo die Natur in der Verfassung als Rechtssubjekt anerkannt ist. Dort kämpfen indigene Bevölkerungsgruppen gegen die Ausbeutung der Natur durch multinationale Konzerne, und im Fall des Nebelwaldes konnten bereits entscheidende Erfolge für den Schutz des Ökosystems erzielt werden.

Auch in Deutschland wird diese Debatte immer relevanter. Der Präzedenzfall des Mar Menor könnte Vorbild für zukünftige juristische Entwicklungen sein und den Weg für eine umfassendere rechtliche Anerkennung von Ökosystemen ebnen. Die Frage, ob die Natur denselben rechtlichen Stellenwert wie der Mensch in unserer Gesellschaft einnehmen kann, bleibt jedoch offen.

Ein neuer Weg im Umweltschutz: Musterklage und Engagement

Die Greensurance Stiftung hat sich zum Ziel gesetzt, den Schutz der Natur weiter voranzutreiben. In Zusammenarbeit mit verschiedenen Partnern, wie der grünen Rechtsschutzversicherung Greensurance®, plant die Stiftung eine Musterklage, um die Rechte der Natur noch tiefer im deutschen Rechtssystem zu verankern. Dieses juristische Vorgehen könnte eine weitere wichtige Entwicklung im internationalen Umweltschutz darstellen und den Schutz von Ökosystemen zu einer globalen Verantwortung machen.

Wir haben das Mar Menor besucht

Im Juli 2024 haben wir das Mar Menor (ohne das Flugzeug zu benutzen,...) besucht, um uns einen eigenen Eindruck zu machen. Es war erschreckend die Lagune zu erleben. Menschen badeten unbekümmert in einem viel zu warmen Wasser und wir hatten das Gefühl, als könnte die Katastrophe jeden Moment wieder passieren - das Umkippen des Mar Menors. Hier der Link zu unserem subejktiven Eindruckhttps://vimeo.com/1026058109 

Fazit: Mar Menor – Ein Symbol für den weltweiten Kampf um den Naturschutz

Der Fall Mar Menor verdeutlicht, dass der Schutz der Natur nicht nur eine ökologische, sondern auch eine juristische und ethische Verantwortung ist. Die Anerkennung des Ökosystems als Rechtsperson markiert einen historischen Fortschritt im Umweltschutz und stellt einen wichtigen Präzedenzfall dar, der weltweit Wellen schlägt. Der jüngste deutsche Rechtsstreit, der die Natur ebenfalls als geschädigte Partei anerkennt, unterstreicht die wachsende Bedeutung dieses Ansatzes.

Es ist an der Zeit, dass die Rechte der Natur weltweit ernst genommen werden. Der Schutz unserer Ökosysteme darf nicht länger hinter wirtschaftlichen Interessen zurückstehen, sondern muss als zentrale Herausforderung unserer Zeit anerkannt werden. Die Anerkennung von Ökosystemen als Rechtssubjekte stellt einen bedeutenden Schritt in die richtige Richtung dar und muss als Modell für zukünftige juristische und gesellschaftliche Entwicklungen dienen.

Mehr Informationen zum Mar Menor

Das Mar Menor hat den Autor - Samuel Reichenberg - so bewegt, dass ein größerer Bericht mit mehr Hintergrundfakten hier zu lesen ist: PDF - Das Mar Menor

 Spenden für die angestrebte Klimaschutzklage mit Verwendungszweck »Klage Rechtssubjekt« bitte an:

Greensurance Stiftung Für Mensch und Umwelt
IBAN: DE62703900000004537866 

Vielen Dank für Ihre/Eure Unterstützung! 

 

 

 

 

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