MoorWissen
Moorwissen
Moore gelten oft als geheimnisvolle, schwer zugängliche Landschaften, die lange Zeit als unbrauchbar und sogar bedrohlich angesehen wurden. Über Jahrhunderte hinweg wurden sie entwässert, mit Gräben durchgezogen und abgetragen, um landwirtschaftliche Flächen oder Bauland zu gewinnen. Doch heute wissen wir: Moore sind wertvolle Schätze für das Klima, den Wasserhaushalt und die Artenvielfalt.
Moore: ein Überblick
Moore sind Feuchtgebiete, die von Regen- (Hochmoore) oder Grundwasser (Niedermoore) gespeist werden. Sie können auf Landflächen überall dort entstehen, wo viel Wasser vorhanden ist. Sie sind also sozusagen Wasser und Land zugleich. Obwohl Moore nur etwa 3% der Landfläche bedecken, spielen sie eine herausragende Rolle im Klimaschutz: sie speichern doppelt so viel Kohlenstoff wie alle Wälder der Erde zusammen (Mooratlas 2023: Daten & Fakten zu nassen Klimaschützern)!
Durch die ständige Nässe gelangen abgestorbene Pflanzenreste nicht in den Kontakt mit Sauerstoff und zersetzen sich daher nur unvollständig. Dabei entsteht Torf, der jedoch nur sehr langsam wächst – etwa einen Millimeter pro Jahr. In ca. 100 Jahren baut sich also eine Torfschicht von rund zehn Zentimetern auf. In diesem Torf werden das Kohlendioxid (CO2) und die Nährstoffe, die die Pflanzen während ihres Wachstums aufgenommen haben, über Jahrtausende gespeichert. Dadurch werden Moore zu bedeutenden Kohlenstoff- und Nährstoffspeichern. Nasse Moore sind also wahre Klimaschützer!
Wird ein Moor entwässert, kommt die ehemals mit Wasser bedeckte Torfschicht mit dem Sauerstoff der Luft in Kontakt. Dabei werden die abgestorbenen Pflanzenteile, die den Torf bilden, zersetzt und der gespeicherte Kohlenstoff wird in Form von CO2 freigesetzt. CO2 gilt als klimaschädliches Gas und heizt, gemeinsam mit weiteren Treibhausgasen, die Atmosphäre auf. Die Entwässerung von Mooren verstärkt somit den Klimawandel und trockengelegte Moore werden zu echten Klimaschädlingen.
Moorzerstörung: Vom Energielieferanten zum Energiekiller
Moore waren für den Menschen lange „lebensfeindlich“, unzugänglich und weitgehend unberührte Wildnis. Während der Industrialisierung wurden Moore jedoch für die land- oder forstwirtschaftliche Nutzung zunehmend entwässert. Seit Jahrhunderten wird Torf abgebaut, sei es zur Energiegewinnung durch Verbrennung oder als Blumenerde. Besonders im 18. Jahrhundert erlangte Torf in Norddeutschland große Bedeutung als Energieträger, da Holz auf Grund seiner intensiven Nutzung als Energiequelle oder Baumaterial sowie des Gebrauchs in der Industrie knapp wurde. Auch heute spielt Torf in Ländern wie Finnland, Irland und Belarus eine wichtige Rolle bei der Strom- und Wärmeerzeugung. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts findet Torf zudem immer häufiger Anwendung im Gartenbau.
Die verbliebenen Moorlebensräume und damit viele der hochspezialisierten, moortypischen Tier- und Pflanzenarten sind deswegen heute stark gefährdet. In Deutschland wurden insgesamt bereits 98% aller Moore trockengelegt, über zwei Drittel dieser Flächen werden dabei für die Tierhaltung genutzt.
Wasser, Klima, Geschichte: die unverzichtbaren Dienste der Moore
Neben ihrer Funktion als Kohlenstoffspeicher leisten Moore auch andere wertvolle Dienste für die Umwelt. Vor allem im Wasserkreislauf erfüllen Moore eine wichtige ökologische Funktion. Sie sind in der Lage, große Wassermengen zu speichern und langsam wieder abzugeben und nehmen eine große Rolle in der Anpassung an die Klimakrise ein, denn sie können sowohl Starkregen- und Hochwasserereignisse als auch Trockenperioden abpuffern.
Moore funktionieren wie ein Schwamm – bei Starkregenereignissen speichern sie das Wasser und können Hochwasser so, zumindest bis zu einem gewissen Grad, verhindern. Bei Trockenheit geben Moore das gespeicherte Wasser hingegen an die Umgebung ab und erhöhen somit die Resilienz des Ökosystems in Trockenperioden.
Auch für den Erhalt unserer Trinkwasserreserven sind Moore unverzichtbar. Sie können das durchströmende Wasser filtern, entziehen ihm Nähr- und Schadstoffe und reinigen es dadurch.
Rettung der Moore: Wiedervernässung für das Klima und die Artenvielfalt
Um die Klimaschutz- und ökologische Funktion der Moore zu erhalten oder wiederherzustellen, ist die Wiedervernässung entscheidend. Mit dieser Klimaschutzmaßnahme kann die typische Biodiversität des Lebensraums Moor in großen Teilen wiederhergestellt werden. Arten, die an naturnahe Moore angepasst sind, finden in entwässerten Mooren kaum geeignete Lebens- und Fortpflanzungsbedingungen. Wiedervernässte Moore gewinnen daher eine zentrale Bedeutung für die Ansiedlung moortypischer und moorspezifischer Arten. Sie dienen nicht nur als Lebensraum, sondern auch als wichtige Vernetzungsstandorte und Nahrungsquellen.
Am Anfang jeder Moorrenaturierung stehen moorökologische Gutachten, die die Ausgangsbedingungen analysieren und Empfehlungen für geeignete Maßnahmen geben. Diese Gutachten helfen, die Ansiedlung moortypischer Vegetation zu fördern. Dabei erfolgt eine umfassende Erhebung der Vegetation und Fauna, eine Analyse des Bodens inkl. Bestimmung der Torfmächtigkeit sowie die Erfassung des Entwässerungssystems und der Wasserpegel im Boden.
Nach Abschluss des Gutachtens kann mit der Renaturierung gestartet werden. Ein zentraler Ansatz ist das Verfüllen von ehemaligen Entwässerungsgräben, um den Wasserhaushalt zu stabilisieren und ein weiteres Austrocknen des Bodens mit darin enthaltenem Torf zu verhindern. Maßnahmen wie das Entfernen von Fichten, die für ihr Wachstum große Mengen Wasser benötigen, erhöhen die Wasserverfügbarkeit zusätzlich. Der Wasserspeicher des Moores kann außerdem durch den Bau von Dämmen und Senken zusätzlich erweitert werden.
Zur Überwachung des Erfolgs dieser Maßnahmen werden Pegelmessungen eingesetzt, um die Entwicklung der Moorwasserstände beobachten zu können. Ziel ist es, ausreichend Wasser in nassen Zeiten zu speichern, um Trockenperioden auszugleichen und den Wasserpegel im Boden somit das ganze Jahr über konstant zu halten. Langfristig ermöglicht die Renaturierung von Mooren damit nicht nur die Rückkehr typischer Pflanzen wie des rundblättrigen Sonnentaus (im Bild zu sehen), sondern auch anspruchsvollerer Arten wie (Torf-)Moosen und Seggen.
Moorwirtschaft neu gedacht: Klima retten, nachhaltig nutzen
Auch die landwirtschaftliche Nutzung von nassen Mooren ist möglich und bietet Potenzial. Die land- und forstwirtschaftliche Nutzung nasser Moorflächen wird dabei Paludikultur („Palus“ = „Sumpf“) genannt. Alternativen zum Anbau von Mais oder Kartoffeln auf entwässerten Moorböden kann bspw. der Anbau von nässeverträglichen Pflanzen wie Rohrkolben, Schilf oder Seggen sein. Diese Arten wachsen auch bei naturnahen Wasserständen in nicht entwässerten Mooren, durch die der Torf im Boden erhalten bleibt. Eine weitere Möglichkeit, Moore gleichzeitig wiederzuvernässen und weiterhin landwirtschaftlich zu nutzen, ist die Beweidung mit angepassten Tierarten, wie bspw. dem Wasserbüffel. Durch Maßnahmen wie diese kann der Klimaschutzeffekt der Moore erhalten bleiben.
Die Förderung von Paludikulturen und Moorbodenschutz wird in Deutschland intensiv unterstützt. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) finanziert Forschungs- und Entwicklungsprojekte sowie Modellvorhaben mit jährlich rund 10 Mio. Euro über 10 Jahre, um nachhaltige Nutzungskonzepte für wiedervernässte Moorböden zu entwickeln. Parallel dazu setzt das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) mit dem Aktionsprogramm „Natürlicher Klimaschutz“ auf umfassende Maßnahmen zur Reduktion der CO2-Emissionen aus Moorböden. Ziel ist es, diese bis 2030 um 5 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente zu senken, wofür jährlich etwa 300 Mio. Euro an Fördermittel geplant ist.
Ohne Moore kein Klimaschutz – Handeln wir jetzt!
Die Wiedervernässung von Mooren ist nicht nur ein Beitrag zum Klimaschutz, sondern eine Notwendigkeit für die Stabilität unseres Planeten. Um den Klimawandel einzudämmen, muss die Wiedervernässung jedoch deutlich beschleunigt werden. Während bestehende Förderprogramme und Projekte wichtige Fortschritte erzielen, reichen die bisherigen Maßnahmen nicht aus. Die Entwässerung von Mooren setzt weiterhin jährlich enorme Mengen CO2 frei. Moore müssen jetzt als zentrale Klimaschützer noch weiter in den Fokus rücken!
Literatur zum nachlesen
- Mooratlas 2023: Mooratlas 2023: Daten & Fakten zu nassen Klimaschützern
- Bundesamt für Naturschutz: Moore | BFN
- Bund-Länder-Zielvereinbarung zum Klimaschutz durch Moorbodenschutz: bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/_Landwirtschaft/Klimaschutz/moorbodenschutz-blzv.pdf?__blob=publicationFile&v=5
- NABU: Moore – Der unterschätze Klimaschützer
- Peatland Science Centre: https://www.hswt.de/forschung/forschungseinrichtungen/institut-fuer-oekologie-und-landschaft/peatland-science-centre
- Moorrenaturierungen – vom Klimaschutzprogramm Bayern (KliP) zum Fachplan Moore (PDF)
- Weitere Quellen: Greifswald Moor Centrum Startseite – Moorwissen de